ABC der gelungenen Volksfeste

präsentiert vom Deutschen Schaustellerbund e.V.
in Kooperation mit dem Deutschen Städtetag und dem Deutschen Städte- und Gemeindebund




Kapitel: Leuchttürme

Nachfolgend finden Sie unterschiedliche Interviews:

  • Interview mit Marc Pfrommer, Marktmeister der Stadt Pforzheim

    • Foto: Pforzheimer Zeitung

      Herr Pfrommer, als Marktmeister der Stadt Pforzheim sind Sie u.a. für die Organisation der „Pforzemer Mess“ zuständig. Für die Wenigen, die Pforzheim nicht kennen, können Sie uns etwas zu Ihrer Stadt und den Volksfesten erzählen?

      Die Stadt Pforzheim hat ca. 123.000 Einwohner (2015) und ist damit die achtgrößte Stadt Baden-Württembergs. Sie ist das Oberzentrum der Region Nordschwarzwald, die nächstgrößeren Städte sind Karlsruhe (etwa 25 km) und Stuttgart (ca. 40 km).
      Die Stadt blickt auf eine mehr als 1.000-jährige Geschichte zurück und wurde kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges zu 80 Prozent zerstört.
      1960 wurde der zuvor vernichtete Messplatz neu in zentraler Stadtlage erbaut und verfügt seitdem über eine Gesamtfläche von 24.000 m², die in der veranstaltungsfreien Zeit den Bürgern als kostenfreier Parkplatz angeboten wird.
      Zirkusse gastieren auf dem Messplatz genauso wie Verbrauchermessen und alljährlich im Juni die „Pforzemer Mess“.
      70 Schausteller- und 40 Krämerbetriebe beschicken diese Veranstaltung, die jährlich ca. 300.000 Besucher begrüßen darf.

      Wie charakterisieren Sie Ihren „neuen Messplatz“?

      Unsere „Pforzemer Mess“ fand bis Ende des vorvergangenen Jahrhunderts auf dem Lindenplatz statt und veränderte ihren Standort, so wie auch Pforzheim sein Gesicht veränderte. Ein Vierteljahrhundert waren wir auf dem Turnplatz beheimatet, dann auf dem alten Messplatz, dann – nach der bitteren Zerstörung im Zweiten Weltkrieg – auf dem Stadtgartengelände, bis wir 1960 unsere Heimat auf dem neuen Messplatz gefunden haben. Erfreulich war und ist, dass sich die Stadtväter damals schon zu Markt, Kirmes und Zirkus bekannt haben und ihnen eine zentrale Lage in Pforzheim ermöglichten.

      Worauf achten Sie bei der Auswahl der Bewerber, worauf bei der Bebauung des Platzes?

      Wir legen hohen Wert auf die Attraktivität der Betriebe und achten sehr auf die Beleuchtung, die Lackierung, das Angebot und auch das Preisniveau. Platzieren wir Highlights der Branche, dann bauen wir diese etwas zurück, damit davor entsprechender Stauraum geschaffen wird. Wichtig ist uns, dass wir Kaffee- und Biergärten mit solchen Fahrgeschäften, aber auch mit Kinderfahrgeschäften kombinieren, damit diejenigen, die nicht mitfahren, sondern nur zuschauen wollen, auch eine schöne Zeit haben – bei Kaffee, Kuchen oder einem zünftigen Bier. Wichtig ist uns, alle Altersgruppen anzusprechen, das heißt insbesondere auch den Familien etwas zu bieten. Wir halten nichts von „Fress-Meilen“, sondern möchten alle Generationen ansprechen.

      Worauf legen Sie im Vorfeld der „Pforzemer Mess“ besonderen Wert?

      Auf die Werbung, ganz wichtig ist für uns die Werbung! Wir plakatieren im Umkreis von 30 km rund um Pforzheim herum und auch unsere 13 Hauptzufahrten zum Stadtgebiet werden mit Großbannern versehen. Es ist nicht möglich, in Pforzheim zu wohnen oder es zu besuchen, ohne auf unser schönes Fest aufmerksam zu werden. Auch an den Brücken im Stadtgebiet spannen wir Banner, wir schalten Anzeigen und beflaggen die Innenstadt. In der Fußgängerzone fahren wir zwei Werbeaktionen mit Glücksrad und Verlosung von Freikarten. Zwischen der Stadtmitte (Fußgängerzone) und dem Messplatz gibt es während des gesamten Volksfestes einen kostenlosen Bimmelbahntransfer, der die Wechselwirkung zwischen Volksfest und innerstädtischem Einzelhandel fördert. Wir sind dankbar, dass wir hier die Stadtwerke Pforzheim als Sponsor der Bimmelbahn gewinnen konnten. Außerdem gibt es ein Krämermarktgewinnspiel, bei dem jeder Einkäufer ein Los bekommt, mit dem er einen von 10 überaus attraktiven Preisen (z.B. Reisen) gewinnen kann. Natürlich halten wir auch die Standards eines jeden Volksfestes ein, weil wir sie für wichtig halten: Wir haben Aktionstage für Behinderte, Senioren und auch unseren Familientag mit halben Fahr- und Eintrittspreisen, auch das große Feuerwerk am Freitag ist ein fester Bestandteil unseres Festes.

      Welche Forderungen oder Wünsche aus der Bevölkerung werden an Sie herangetragen?

      Da gibt es im Großen und Ganzen drei Themenbereiche: Sauberkeit, der Dialog mit den Schaustellern und die Identifikation.
      Zum ersten Punkt: Nach unserer Erfahrung ist die Sauberkeit des Platzes und insbesondere auch der WC-Anlagen von großer, für viele Besucher sogar von entscheidender Bedeutung für den Besuch des Volksfestes. Weiter achten wir darauf, dass genügend Abfallbehälter gerade um die Imbissbetriebe herum aufgestellt sind, wir legen Wert auf Mehrweggeschirr oder einen Verkauf der Speisen ohne Geschirr (Wurst direkt im Brötchen etc.).

      Was den Dialog mit den Schaustellern anbelangt: Wir als Veranstalter haben doch das gleiche Ziel wie die Schausteller. Wir alle wünschen uns eine erfolgreiche Veranstaltung. Deshalb liegt es nahe, dass man sie gemeinsam bewirbt, durchführt – aber auch nachbereitet. Der ständige gemeinsame Dialog ist uns im Rahmen des gesetzlich Erlaubten ausgesprochen wichtig.

      Und schließlich zum Thema Identifikation: Im Verhältnis zu unseren Bürgern ist es uns nicht nur wichtig, alle über die „Pforzemer Mess“ zu informieren, sondern möglichst viele Teile der Bevölkerung einzubinden und ihr das Gefühl zu geben, dass es „ihr Fest“ ist. So veranstalten wir z.B. einen Bürgermeisterstammtisch, zudem wir alle Umkreisbürgermeister einladen, um auch die benachbarten Kommunen mit ins Boot zu holen.

  • Interview mit Siegmund Michalski, Betriebsleiter Eigenbetrieb Märkte der Lutherstadt Eisleben

    • Herr Michalski, was macht in Ihren Augen die Identität eines Volksfestes aus?

      Die Bräuche und das Besondere der Region sollten sich in dem Fest wiederspiegeln. Demzufolge ist es ein Muss für die Veranstalter, diese Identität mit Leben, Leidenschaft und Freude zu füllen. Jeder, der hinter den Kulissen zum Gelingen des Festes beiträgt, sollte sich auch persönlich damit verbunden fühlen und nicht auf die Uhr schauen, wenn der Feierabend naht, aber die Schausteller und Besucher noch Fragen haben. Eine Besetzung des Markt- oder Organisationsbüros vor Ort für die gesamte Dauer der Veranstaltung und über die „normalen“ Bürozeiten hinaus ist daher für uns selbstverständlich, denn diese Mitarbeiter sind die zentrale Anlaufstelle für alle nur denkbaren Anfragen. Geschulte und vor allem freundliche und aufmerksame Mitarbeiter sind das „A“ und „O“ einer gelungenen Veranstaltung.

      Was tun Sie, um den Besuchern eine angenehme Anreise zu Ihrem Fest zu ermöglichen?

      Mit An- und Abreise beginnen und enden jeweils die ersten und letzten Eindrücke der Besucher, weshalb gerade hier auch vernünftige Strukturen vorhanden sein sollten. Wir überlassen Verkehrsleitsysteme nicht dem Zufall, sondern beanspruchen sie gezielt für unsere Veranstaltungen.
      Ausreichend zur Verfügung gestellte und befahrbar hergerichtete Besucherparkplätze, die evtl. auch mit Personal bewirtschaftet werden, sollten vom Veranstaltungsgelände nicht zu weit entfernt sein. Ein eingesetzter Park + Ride-Verkehr mit Shuttle-Bussen schafft zusätzlichen Anreiz für die Besucher, nicht lange in der Innenstadt oder am Festgelände auf kostspielige Parkplatzsuche gehen zu müssen – denn das kostet Zeit und Nerven. Zum Preisniveau muss gesagt werden, dass der Besucher nicht das Gefühl haben darf, „abgezockt“ zu werden.

      Wie gewährleisten Sie eine höchstmögliche Sicherheit auf Ihrem Volksfestplatz?

      Nicht alle Fragen der Ordnung und Sicherheit kann man an eine Security-Firma delegieren. Polizeiliche Aufgaben sind Hoheitsaufgaben des Staates, die nicht delegierbar sind. Demzufolge ist hierbei immer eine gute Zusammenarbeit beider Kräfte zu organisieren, gemeinsam mit dem Ordnungsamt der Gemeinde. Eine regional bekannte Security-Firma leistet sicher insofern bessere Dienste, weil sie mit den Strukturen und örtlichen Gegebenheiten des Veranstalters vertraut ist. Sie übt im Namen des Veranstalters „Hausrecht“ aus und darf alle Kontrollen vornehmen, die sich aus dem Vertragsinhalt ableiten. Zudem müssen sie in der Lage sein, Gefahrenpotenzial auf dem Festplatz rechtzeitig zu erkennen und Gegenmaßnahmen mit Polizei und Ordnungsamt einzuleiten.
      Von wesentlicher Bedeutung ist auch ein funktionierendes System mit Rettungskräften wie Feuerwehr und Erster Hilfe. Auch sie sollten immer im Kontakt zum Veranstalter stehen. Bewährt hat sich dazu bei uns eine Vernetzung aller Kräfte untereinander über Betriebsfunkgeräte.
      Eine tägliche Beratung während der Veranstaltung zu einer festen Zeit mit allen Einsatzkräfteleitern und dem Veranstaltungsleiter informiert über laufende Geschehnisse, deckt Schwachstellen auf, die umgehend korrigiert werden können und hilft dabei, die Kräfte untereinander für die Anliegen der anderen zu interessieren.
      Auch die Einbeziehung der Besucher durch Hinweisschilder, Vorabinformationen in der Presse und im Internet tragen zur Erhaltung der Ordnung und Sicherheit bei. Wichtige Durchsagen über Platzlautsprecher helfen ebenso und sensibilisieren die Besucher, ihr Umfeld genauer zu betrachten, um die Einsatzkräfte bei ihren Maßnahmen zu unterstützen.

      Was sind die Highlights beim Eisleber Wiesenmarkt?

      Das Besondere oder Highlight selbst ist die „Wiese“ – eine Mischung aus Brauchtum, Party, Achterbahn und Puppentheater, Neuheiten neben bekannten und bewährten Geschäften, das alles in einer kaum vergleichbaren Größenordnung und demzufolge nicht endenden Superlativen.

  • Interview mit Roland Poh, Marktmeister Bad Dürkheim

    • Roland Poh (ganz rechts)

      Herr Poh, für alle, die den Bad Dürkheimer Wurstmarkt nicht kennen: Können Sie uns etwas über Ihr Volksfest erzählen?

      Der Dürkheimer Wurstmarkt ist eine Traditionsveranstaltung, die erstmals im Jahr 1417 urkundlich erwähnt wurde. Entgegen dem Namen handelt es sich um das größte Weinfest der Welt und damit auch um das einzige Weinfest unter den großen deutschen Volksfesten.
      Der Name „Dürkheimer Wurstmarkt“ ist allerdings mittlerweile etwas irreführend, weil dieser bei dem heutigen umfassenden, abwechslungsreichen Speisenangebot natürlich nicht mehr zutreffend ist. Entstanden ist der Name dadurch, dass der Wurstkonsum irgendwann so groß war, dass der ursprüngliche Name Michaelismarkt mehr und mehr durch den Namen „Dürkheimer Wurstmarkt“ ersetzt wurde.
      Dafür ist der Name aber natürlich sehr einprägsam. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass jeder Besucher, der einmal den Dürkheimer Wurstmarkt besucht hat, eifrig bemüht ist, dem Wurstmarktneuling zu verdeutlichen, dass es sich nicht um eine gigantische Verkaufsveranstaltung für Würste handelt.

      Was macht den Bad Dürkheimer Wurstmarkt so besonders?

      Der Dürkheimer Wurstmarkt hat viele Alleinstellungsmerkmale: Unser Veranstaltungsgelände liegt unterhalb des Michelsberges, dem Ursprungsort des Dürkheimer Wurstmarktes. Dieser stadtbildprägende Weinberg ist mit einer Kapelle bebaut. Auf der Westseite unseres Veranstaltungsgeländes steht das Dürkheimer Riesenfass, das größte Weinfass der Welt. In seinem Inneren bzw. dessen Anbau befindet sich eines der bekanntesten und am besten frequentierten Ausflugslokale der Pfalz.
      Auf der Ostseite grenzt unser Veranstaltungsgelände an den Bad Dürkheimer Kurpark mit seinem Gradierbau an, eines der größten Salinenbauwerke in Deutschland – viele sagen sogar, die längste Saline in Deutschland, die komplett mit Solewasser berieselt wird.
      In diesem Jahr haben wir den 600. Dürkheimer Wurstmarkt gefeiert. Herzstück des Dürkheimer Wurstmarktes sind die sogenannten „Schubkarchstände“, bewusst einfach gehaltene Weinstände, die der überlieferten Form der Weinausschankstellen nachempfunden sind. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass die Tische und Bänke aus einfachen, gehobelten, heute mit farblosem Lack versehenen Holzplanken bestehen. Diese werden auf eingerammten Weinbergpfählen verschraubt. Dadurch entsteht eine unverwechselbare, rustikale Optik.
      Neben diesem historischen Bereich verfügen wir über ein Weindorf mit 12 Weinausschankstellen in Form schicker Partyzelte und 2 Gastronomiezelten von Bad Dürkheimer Hotels und Gaststätten.
      Daneben zeichnet den Dürkheimer Wurstmarkt aus, dass einige Einheimische die Veranstaltung beschicken. Es handelt sich dabei nicht nur um Winzer, sondern auch um einheimische Speisenanbieter, deren interessantes und pfälzisch geprägtes Speisenangebot durch hochwertige Angebote von Schaustellerbetrieben ergänzt wird.

      Wir erhalten immer wieder die Rückmeldung, dass der Dürkheimer Wurstmarkt zu den Veranstaltungen mit dem abwechslungsreichsten und qualitativ besten Speisenangebot gehört.
      Dieses Angebot macht nicht nur die Bad Dürkheimer zu eingefleischten Wurstmarktfans: Der Dürkheimer Wurstmarkt ist auch der Treffpunkt für Exil-Dürkheimer. Häufig kommen diese einmal im Jahr nach Bad Dürkheim zurück – und zwar ganz bewusst zum Dürkheimer Wurstmarkt.

      Was ist Ihnen bei der Planung und Durchführung der Veranstaltung wichtig?

      Dazu fallen mir zwei Schlagworte ein: Leidenschaft entwickeln und ständig an der Optimierung arbeiten.
      Hier ist es nicht schwer, als Verantwortlicher Leidenschaft für die Veranstaltung zu entwickeln, weil die Bevölkerung voll hinter dem Dürkheimer Wurstmarkt steht. Würden wir die Veranstaltung jedoch „nur verwalten“, würde uns die Bevölkerung dies sofort spüren lassen, denn unsere Besucherinnen und Besucher haben ein feines Gespür dafür, ob die Stadtverwaltung als Veranstalterin ihren Wurstmarktjob gerne macht. Unsere Kolleginnen und Kollegen machen ihren Volksfestjob so gerne, weil sie als Verwaltungsbeamte oder -angestellte durch die Organisation des Volksfestes ein direktes Feedback zu ihrer Arbeit von den Besucherinnen und Besuchern bekommen – und das schafft Leidenschaft!

      Herr Poh eine abschließende Frage: Welchen Rat geben Sie Veranstaltern mit auf den Weg, die noch nicht so viel Erfahrung haben?

      Aus meiner Sicht muss der Veranstalter einen eigenen Charakter für seine Veranstaltung schaffen, denn es gibt bei realistischer Betrachtungsweise durchaus einige gesichtslose Veranstaltungen. Ohne gewisse Alleinstellungsmerkmale wird es aus unserer Sicht nicht gelingen, die Veranstaltung auf Dauer erfolgreich durchzuführen.
      Je nach Veranstaltungsgröße genügen aber für den Anfang durchaus auch kleinere Aktionen oder Besonderheiten, wie ein ausgefallenes, hochwertiges, ortstypisches Speisen- oder Getränkeangebot, siehe beispielsweise die Säubrennerkirmes in Wittlich.
      Dabei sollte jedoch klar sein, dass schnelle Erfolge nur schwer zu erreichen sind. Wichtig sind daher Durchhaltevermögen und auch eine ausreichende finanzielle Ausstattung.

  • Interview mit Timo Munstein, Marktmeister der Stadt Kirn

    • Herr Munstein, für alle, die die Kirner Kerb nicht kennen: Können Sie uns kurz etwas über Ihr Volksfest erzählen?

      Die Kirner Kerb gibt es schon seit Ende des 18. Jahrhunderts und sie ist seit ehedem ein großer Besuchermagnet im gesamten Umland. Als mittelgroße Veranstaltung haben wir immer ca. 40 Schausteller als Gäste. 1955 wurde der Kerweplatz auf die Kyrau verlegt, wo sie noch heute stattfindet. Unter vielen Schaustellern ist die Kirner Kerb weitläufig bekannt.

      Was ist das Besondere an der Kirner Kerb?

      Die Kirner Kerb ist in den Herzen der Kirner Bürger fest verankert und auch im Umland äußerst beliebt. Wir richten jetzt seit zwei Jahren eine Verlosung aus, bei der man sehr attraktive Preise gewinnen kann. Die Besucher müssen nur einen Vordruck ausfüllen, auf dem unter anderem erfasst wird, woher die Menschen kommen. Das gibt uns die Möglichkeit, das Einzugsgebiet – und damit auch die Attraktivität – unseres Festes besser beurteilen und einschätzen zu können. So haben wir festgestellt, dass wir Festbesucher haben, die sogar aus dem Mainzer Umland zu uns kommen.
      Die Kirner Kerb ist „gefühlt“ schon immer da, sie ist eine Institution. Entgegen dem derzeitigen Trend erfährt die Kirner Kerb sogar seit einiger Zeit einen Auftrieb. In kleinen Schritten aber spürbar, z.B. bei den Besuchszahlen und der Verweildauer.

      Worauf achten Sie bei der Planung und Durchführung der Kerb?

      Nun, als Veranstalter eines traditionellen Volksfestes dieser Größenordnung fällt die Planung nicht immer leicht. Dies hat zum einen mit der Infrastruktur des Festplatzes zu tun, zum anderen mit den Gegebenheiten im Schaustellerumfeld.

      Ich bin jetzt seit 18 Jahren Marktmeister und habe in dieser Zeit sehr viele verschiedene Facetten in diesem Geschäft erlebt. Das Wichtigste ist, eine gesunde Basis und ein funktionierendes Team zu haben. Alle gehören regelmäßig an einen Tisch. Zur Vorbereitung, aber auch zur Nachbearbeitung eines Festes. Was lief gut, was können wir nächstes Jahr noch besser machen? Zu dieser Runde gehören meine Kollegen aus der Verwaltung genauso wie Vertreter der Schausteller.

      Man muss verstehen, dass die Volksfeste kein Selbstläufer mehr sind. Und dies ist größenübergreifend so. Auch wenn man die Kirner Kerb nicht mit dem Kreuznacher Jahrmarkt oder noch größeren Festen vergleichen kann, so ist das Geschäft im Kern das gleiche. Das heißt aber auch, dass die Zusammenarbeit zwischen Veranstaltern und Schaustellern elementar wichtig ist. Ohne Kommunikation kann heutzutage kein Fest mehr erhalten werden. Nicht zuletzt entstehen mitunter sehr wertvolle Arbeitsbeziehungen und auch Freundschaften, die mir persönlich sehr am Herzen liegen.

      Schließlich sitzen wir alle im selben Boot. Wir alle möchten die traditionsreichen Volksfeste erhalten und der Bevölkerung Jahr für Jahr ein schönes Fest bieten. Wir möchten damit aber auch für die Schausteller ein attraktiver Arbeitsplatz sein, man soll gern bei uns gastieren und unser Fest weiter voranbringen.

      Veranstalter von Festen unserer Größenordnung haben wesentlich mehr Probleme, den Platz attraktiv zu bestücken, als Veranstalter größerer Veranstaltungen. Dies liegt zum einen an der Infrastruktur des Geländes (Stromkapazität, Platz etc.), zum anderen ist es nicht immer ganz leicht, Schausteller für die Feste zu finden.

      In Kirn haben wir ein sehr gut funktionierendes Team und entwickeln ständig neue Ideen. Die Kommunikation mit dem regionalen Schaustellerverband ist uns außerdem immens wichtig, weil wir als relativ kleine Verwaltung gar nicht die Möglichkeiten einer so großen Vernetzung haben.

      Dort haben wir Ansprechpartner, die mit ganzem Herzen bei der Sache sind und uns tolle Impulse liefern. Ein Beispiel hierfür war die Durchführung einer Minikerb im Vorfeld der Kerb auf dem Kirner Marktplatz. Eine für uns wichtige und vor allem kostenfreien Werbung. Zuckerwatte, ein tolles Glücksrad und einige Schausteller haben dieser kleinen Veranstaltung einen hinreißenden Charme gegeben. So etwas wurde in Kirn bislang noch nicht gemacht. Die Stadt hat Buttons mit Kerwelogo verteilt. Dies schafft Identität mit der Veranstaltung und eine gewisse Verbundenheit, die es weiter auszubauen gilt.
      Kinder (auch „große Kinder“) konnten Freikarten und Gutscheine erspielen. Dafür haben alle Schausteller gespendet. Auch der Betreiber unseres „Erlebnisweindorfes“, die Handballabteilung des TuS Kirn, hat Gutscheine zur Verfügung gestellt. Das war ein tolles Erlebnis und hat gezeigt, was alles möglich ist, wenn man zusammen an einem Strang zieht.

      Man hat eine gewisse Vorstellung, wie der Platz aussehen soll. Dafür muss die Mischung stimmen und das Verhältnis der Angebote. Ein Platz wie der Kreuznacher Jahrmarkt kann viele Großfahrgeschäfte verkraften und jeder Schausteller wird „überleben“. Bei uns reichen drei bis vier große Fahrgeschäfte.
      Weiterhin ist ein ausgewogenes kulinarisches Angebot sehr wichtig. Auch hier haben wir die besten Geschäfte, die man haben kann. Die Mischung der Spiel- und Unterhaltungsgeschäfte stimmt und unser Programm im großen Biergartenbereich kann sich hören und sehen lassen. Die Kirner Kerb braucht sich nicht zu verstecken, sie kann sich wahrlich sehen lassen.

      Haben Sie eine Vision 2025 für die Kirner Kerb?

      Ich weiß, dass die Kirner Kerb noch sehr lange erhalten bleibt und dass die Zusammenarbeit mit dem Schaustellerverband noch intensiver wird.

      Wichtig ist, dass die Dorfkerwe wieder unterstützt werden. Nicht jeder Schausteller hat das Glück, auf dem Hamburger Dom oder der Cranger Kirmes sein Geld zu verdienen. Vielleicht fängt ja auch hier bald ein Umdenken statt.

      Herr Munstein eine Frage zum Schluss: Welchen Rat geben Sie Veranstaltern mit auf den Weg, die noch nicht so viel Erfahrung bei der Planung von Volksfesten haben?

      Jeder Platz und jedes Fest hat andere Voraussetzungen. Wenn jemand das Glück hat, solch eine schöne Aufgabe zu haben, sollte man zunächst mal zuhören und sich der Historie des Festes bewusst werden und sich auch die Erfahrungen der Schausteller zu Nutze machen. Es ist ein Unterschied, ob ich eine Veranstaltung einmal im Jahr abhalte oder von Menschen lerne, die jede Woche den gleichen Ablauf haben.

      Ehrlichkeit, die Bereitschaft Kompromisse zu schließen und schnelles Umdenken sind wichtige Bestandteile, um in diesem Geschäft zu bestehen.
      Es ist allerdings etwas anderes, ob man ein großes Volksfest mit mehreren Marktmeistern und einem großen Stab plant und umsetzt oder ob man mit relativ geringem Budget, kleinem Mitarbeiterpotenzial und sehr viel persönlichem Einsatz ein mittelgroßes Fest plant und umsetzt, das ganz besonders im Fokus der heimischen Bevölkerung steht.

      Da muss jeder seinen Weg finden und schauen, ob es der richtige war oder ist.

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